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VR
MEDICUS
GESUNDHEITSPOLITIK.
Um die künftige medizinische Versorgung auf hohem Qua-
litätsniveau sicherstellen zu können, müssen die Prozesse
verändert werden. Bei knappen Ressourcen und gleichzeitig
steigenden Anforderungen bleibt vor allem die Möglichkeit,
die Organisationsstruktur der Angebote und Leistungen zu
optimieren, d. h. effizienter, transparenter und flexibler zu
gestalten. Eine zentrale Option bildet hierfür der Übergang
zu größeren Einheiten sowie veränderten Betriebsformen
wie beispielsweise Ärztenetzen. Gerade in unterversorgten
Gebieten – insbesondere unter Mitwirkung von Hausärzten
und gegebenenfalls in Kooperation mit den dortigen Kran-
kenhäusern – können diese einen wichtigen Beitrag zur Si-
cherung der Versorgung leisten. In den Netzen können inno-
vative Versorgungsmodelle entwickelt und erprobt werden,
die optimal auf die regionalen Gegebenheiten abgestimmt
sind und bei Erfolg auch in die Regelversorgung übernom-
men werden können. Aber auch für die Mediziner selbst er-
geben sich durch die Mitgliedschaft im Netz viele Vorteile, die
sich von der Möglichkeit des fachlichen Austauschs mit den
Kollegen über neue Honorarmöglichkeiten bis hin zu deutlich
verbesserten Chancen bezüglich einer erfolgreichen Praxis-
abgabe erstrecken.
Mit der Aufnahme einer Vergütungsregelung in das Ver-
sorgungsstrukturgesetz konnten die Ärztenetze 2012 ihren
bislang größten politischen Erfolg erzielen. Unter der Voraus-
setzung, dass sie einer Verbesserung der ambulanten Versor-
gung dienen und von der Kassenärztlichen Vereinigung an-
erkannt werden, besteht im Rahmen des neuen § 87b SGB V
– zumindest theoretisch – die Möglichkeit, innerhalb der
morbiditätsbedingten Gesamtvergütung der KVen ein eige-
nes Honorarbudget für Netze zu vereinbaren. Da jedoch die-
se Mittel aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung zur Berei-
nigung der Netzbudgets nicht mehr für die Regelversorgung
durch die Vertragsärzte zur Verfügung stehen, befinden sich
insbesondere kleine KVen in einem Dilemma.
Im Mai 2013 trat eine Rahmen-Richtlinie der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung (KBV) in Kraft, die verschiedene Kriterien
für die Anerkennung und ggf. finanzielle Förderung von Pra-
Mit der Aufnahme einer möglichen Förderung von Praxisnetzen in die Sozialgesetzgebung und der hierfür verein-
barten KBV-Richtlinie konnten die deutschen Ärztenetze 2012 einen ersten Erfolg verzeichnen. Allerdings haben
aktuell nur wenige KVen die in der Richtlinie vorgesehene Möglichkeit einer umfassenden finanziellen Unterstüt-
zung umgesetzt. Trotzdem steigt die Zahl der anerkannten Netze kontinuierlich an. Angesichts der im verabschie-
deten Versorgungsstärkungsgesetz vorgesehenen Verpflichtung der KVen zur Einführung spezieller Honorarre-
gelungen für anerkannte Praxisnetze ist zwar zu erwarten, dass sich die Situation für diese Kooperationsform
künftig verbessern wird, dennoch haben die Ärztenetze noch einige Wünsche auf ihrer Liste offen.
xisnetzen durch die KV vorgibt. Entsprechend einer Studie
der Agentur deutscher Arztnetze (AdA) verläuft die Umset-
zung der KBV-Rahmenvorgabe in den KVen allerdings noch
sehr heterogen und reicht von der Unterstützung mit fachli-
chem Wissen bis hin zur finanziellen Unterstützung der Netze
über Zuschüsse oder Selektivverträge. Insgesamt gibt es acht
KVen mit einer Richtlinie (47%) und lediglich drei KVen mit
einer Förderung (18%) gemäß § 87b SGB V.
Bundesweit haben derzeit 16 Netze in sechs Regionen die
anspruchsvollen Vorgaben der KBV-Richtlinie erfüllt und die
Anerkennung durch die KV erhalten (vgl. Abbildung):
Baden-Württemberg: Medizinisches Qualitätsnetz Ärztein-
itiative Kinzigtal
Bayern: Gesundheitsnetz Qualität und Effizienz, Münchner
Ärzte - Praxisnetz West und Umgebung, Regionales Praxis-
netz GO IN Gesundheitsorganisation Region Ingolstadt
Berlin: PIBB – Psychiatrie-Initiative Berlin-Brandenburg
Sachsen: Leipziger Gesundheitsnetz
Schleswig-Holstein: Ärztenetz Eutin-Malente, Praxisnetz
Herzogtum Lauenburg, Pinneberger Arzt Netz, Gesund-
heitsnetz Region Wedel, Medizinisches Praxisnetz Neu-
münster, Medizinische Qualitätsgemeinschaft Rendsburg
Westfalen-Lippe: Gesundheitsregion Siegerland, MuM –
Medizin und Mehr, Ärztliche Qualitätsgemeinschaft Witten,
Ärztenetz Lippe
Ärztenetze – eine Bestandsaufnahme
Überblick der nach § 87b SGB V anerkannten
und geförderten Ärztenetze
Baden-Württemberg
Bayern
Berlin
Niedersachsen
Sachsen
Schleswig-Holstein
Westfalen-Lippe
4
1
5
6
3
2
0
Anerkannte Netze
Geförderte Netze
Quelle: BERLIN-CHEMIE AG Grafik: REBMANN RESEARCH