Background Image
Previous Page  14 / 24 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 14 / 24 Next Page
Page Background

14

VR

MEDICUS

VERSORGUNGSMODELLE.

Die familiäre Betreuung älterer Menschen ist durch den

Geburtenrückgang in Kombination mit der Steigerung der

Einpersonenhaushalte in naher Zukunft nicht mehr gewähr-

leistet. Die Korrelation zwischen Alter und Krankheit wirkt

sich zunehmend auch auf die Pflegebedürftigkeit aus. In

diesem Zusammenhang ist einerseits über eine ausreichen-

de Vorhaltung von Pflegeplätzen und andererseits über die

Sicherstellung einer adäquaten medizinischen Versorgung

nachzudenken.

Die Komplexität der Versorgungsstrukturen erschwert eine

systemische Lösung. Die Probleme der sektorenübergrei-

fenden Gesundheitsversorgung, der Kommunikation und

Kooperation zwischen den verschiedenen Berufsgruppen

und der Arzneimitteltherapiesicherheit bei multimorbiden

Patienten sind Gegenstand der öffentlichen und fachlichen

Diskussion und zum Teil auch regulatorischer Maßnahmen

1, 2

.

Obwohl hierbei regelmäßig auf die zentrale Bedeutung von

Kommunikation, Kooperation und Interdisziplinarität hinge-

wiesen wird

3

, sind die meisten bekannt gewordenen Um-

setzungsversuche bislang stark von der jeweiligen fachgrup-

penspezifischen Perspektive geprägt. Beispiele hierfür sind

die Modellvorhaben zur Übertragung ärztlicher Tätigkeiten

auf Angehörige der Alten- und Krankenpflege

4

, die Defini-

tion des Medikationsmanagements als „pharmazeutische

Tätigkeit“ in der Apothekenbetriebsordnung

5

und die paral-

lele Leitlinienentwicklung für Ärzte und Apotheker. Hier sind

besonders die Leitlinie zur Versorgung der Bewohner von

Heimen der Bundesapothekerkammer (BAK)

6

, die Hausärztli-

che Leitlinie Multimedikation der Deutschen Gesellschaft für

Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM)

7

und die krank-

heitsbildbezogenen Leitlinien der Bundesärztekammer (BÄK)

zu nennen. Der Einsatz von Leitlinien und Expertenstandards

trägt zur Sicherheit und Qualität der Einzelprozesse inner-

halb der beteiligten Organisationen bei. Die Vernetzung der

Teilprozesse zwischen den Professionen/Organisationen ist

jedoch nicht im selben Maße entwickelt, gleichwohl sie von

elementarer Bedeutung für die Lebens-, Arbeits- und die Pro-

zessqualität ist.

Pilotprojekt zur Arzneimitteltherapie in Alten-

und Pflegeeinrichtungen

Die sichere Arzneimittelversorgung von älteren, multimorbiden und multipharmazierten Patienten in stationären

Pflegeeinrichtungen ist ein komplexer, risikobehafteter Prozess, an dem zahlreiche Akteure aus unterschiedlichen

Professionen und Sektoren des Gesundheitswesens beteiligt sind. Die Analyse und Optimierung dieses interdiszi-

plinären Wertschöpfungsnetzes als Grundlage der Arzneimitteltherapiesicherheit ist Gegenstand eines aktuellen

Pilotprojektes.

Am Beispiel der Arzneimitteltherapie für Patienten in der

stationären Langzeitpflege können diese Defizite belegt

werden. Im Unterschied zum Krankenhaus arbeiten die Leis-

tungserbringer für die Arzneimittelversorgung der Patienten

in der stationären Langzeitpflege, insbesondere Haus- und

Fachärzte, Apotheker und Pflegefachkräfte, nicht in einem

geschlossenen System unter einheitlicher Leitung arbeitsteilig

zusammen. Ihr Zusammenwirken zum Wohle des Patienten

beruht aufgrund vielfältiger gesetzlicher und vertraglicher

Beziehungen vielmehr auf der unstrukturierten Selbstab-

stimmung der Teilnehmer untereinander. Damit spiegelt die

Arzneimittelversorgung in einer Pflegeeinrichtung einerseits

die individuell gewachsenen Strukturen der ambulanten Ge-

sundheitsversorgung von Patienten durch niedergelassene

Ärzte und Apotheker wider, andererseits sind diese indivi-

duellen Versorgungsinstrumente in die übergreifenden und

tendenziell statischeren Organisationsstrukturen der statio-

nären Pflegeeinrichtung eingebettet (Abb. 1).

Hinzu kommen noch Angehörige, amtliche Betreuer, Sozi-

alarbeiter oder Case Manager, die ebenfalls Einfluss auf die

Versorgung haben können, während der Patient alters- oder

krankheitsbedingt oft die Fähigkeit eingebüßt hat, selbst

über seine Versorgung zu wachen (Abb. 2). Die Schnittstel-

len, die in der Zusammenarbeit in diesem Dienstleistungsnetz

zu überwinden sind, bergen Gefahren für die Sicherheit der

Arzneimitteltherapie, die z. B. auf Informationsverlusten ba-

Abb. 1 – Beziehungsgeflecht zwischen Arzt – Apo-

theker – Pflegeeinrichtung – Bewohner/Patient

Quelle: Kortekamp, Stefanie (Eigene Darstellung)

Externe Kundenbeziehung:

Gesundheitsdienstleistung

Externe Kundenbeziehung:

Kommunikation und Logistik

Interne Kundenbeziehung:

Gesundheitsdienstleistung

Pflegeeinrichtung

Bewohner/

Patient

Apotheke

Arzt